
3. März 2024
Dritter Sonntag
in der Fastenzeit
Jahr B
Nach christlicher Auffassung verleugnet der Körper die Seele nicht, sondern ist ihre lebendige Übersetzung: Er macht Gott nicht undurchsichtig, sondern offenbart ihn.
DER TEMPEL
An diesem dritten Fastensonntag ist das Symbol, das aus dem Evangelium hervorgeht, das des Tempels. Mit seiner prophetischen Geste erklärt Jesus jedoch, dass seine Funktion gefallen ist. Un-ter anderem ist der Tempel auf einen Marktplatz reduziert worden und nicht auf einen Ort der Be-gegnung mit Gott. Gleichzeitig präsentiert sich Jesus als wahres Heiligtum, in dem jeder Mensch Zugang zum Vater hat. Der Samariterin wird Jesus auch eine neue Anbetung im Geist und in der Wahrheit andeuten (vgl. Joh 4,23), d. h. im Heiligen Geist, der uns dazu bringt, Abba zu rufen (vgl. Röm 8,15). Aber Jesus wird noch weiter gehen. Ein neuer Tempel und ein neuer Kult reichen nicht aus; es braucht auch ein neues Priestertum. Das können wir an der Geste des Petrus ablesen, der, um den Meister zu verteidigen, sein Schwert zieht und Malchus, dem Diener des Hohenpriesters, das rechte Ohr abschneidet (vgl. Joh 18,10). In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass bei der Weihe des Hohenpriesters das Blut eines Widders entnommen und die verschiedenen Körper-teile des Geweihten berührt wurden, darunter auch das rechte Ohrläppchen (vgl. Ex 29,20). Das Abnehmen des Ohrs ist also eine prophetische Geste, die das Ende dieser Institution verkündet. Der heilige Paulus geht in diesem Zusammenhang sogar so weit, den Körper als Tempel des Geis-tes zu bezeichnen (vgl. 1 Kor 6,19-20). Diese Aussage revolutioniert das griechische Konzept des Leibes als Gefängnis der Seele; der Leib verleugnet in der christlichen Sicht die Seele nicht, son-dern ist ihre lebendige Übersetzung. Mehr noch, der Körper macht Gott nicht undurchsichtig, son-dern offenbart ihn, manifestiert ihn. Deshalb würde ein Tertullian so weit gehen zu sagen: Caro cardo salutis, das heißt, das Fleisch ist der Schlüssel des Heils. Daher ist es notwendig, dass wir uns dessen bewusst werden, um dann unter den Menschen wahre und glaubwürdige Zeugen dafür zu sein. Als Bildikone für diesen Sonntag denken wir an Giottos Vertreibung der Händler (1301-1302) in der Scrovegni-Kapelle (Padua, Italien). Mit prophetischer Kraft erinnert die Geste Christi an den Vorrang Gottes vor den Märkten der frommen Menschen, die die Religion zu einem blinden Motiv des Interesses machen.
Kommentar von d. Sandro Carotta, osb
Abbazia di Praglia (Italien)
Übersetzung von fr. Daniel Tibi,
Abtei Kornelimünster